Mit 60 noch Ziele und Visionen

FFC-Manager Siegfried Dietrich blickt zum runden Geburtstag am 10. Juni auf eine bewegte Lebensgeschichte zurück

Es ist kein Zufall, dass sich Biographien oftmals besser als Romane verkaufen, schließlich schreibt niemand bessere Geschichten als das Leben. Einen Platz in den Bestseller-Listen hätte auch die Lebensgeschichte von Siegfried Dietrich verdient – allein schon für die bisherigen Kapitel: Der Manager und Investor des 1. FFC Frankfurt feiert am 10. Juni 2017 seinen 60. Geburtstag. Der wohl bekannteste Frauenfußball-Manager Deutschlands, der den aus der SG Praunheim entstandenen 1. FFC Frankfurt zum europäischen Rekordtitelträger machte und der durch sein nachhaltiges Engagement ein wichtiger Motor für die gesamte Frauenfußball-Branche auch als Uli Hoeneß des Frauenfußballs bezeichnet wird, hat auch für die Zukunft noch viele Pläne, Ziele und Visionen.

Sich einen nationalen Bekanntheitsgrad im Vereinsfrauenfußball zu „erarbeiten“, war angesichts der früheren Vorurteile und der lange kaum vorhandenen öffentlichen Wahrnehmung durchaus eine Kunst. Geschafft haben es vor allem zwei Personen, mit denen man die Entwicklung des Frauenfußballs auf Club-Ebene verbindet: Potsdams Trainer-Urgestein Bernd Schröder und eben Siegfried Dietrich – und das jeder auf seine ganz eigene Art. Während Bernd Schröder als Aktiver selbst die Fußballschuhe schnürte und aus den Gegebenheiten des lange zweigeteilten Deutschlands mit Turbine eine grandiose Erfolgsgeschichte schrieb, entwickelte Siegfried Dietrich ein instinktives Gespür dafür, wie mit dem Glauben an Visionen und Ziele Erfolge mit großer Nachhaltigkeit realisiert werden können. Der in Marburg geborene Sohn des Theologen und Autors Prof. Dr. Wolfgang Dietrich absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Sportphysiotherapeuten, eröffnete in jungen Jahren seine eigene Praxis in Frankfurt-Heddernheim und betreute als Sportphysiotherapeut der deutschen Eiskunstlauf-Nationalmannschaft auch die Stars der internationalen Eiskunstlaufszene und später bei großen Weltranglisten-Tennisturnieren Größen wie Boris Becker und Gabriela Sabatini.



Rund um sein Engagement bei Weltmeisterschaften, Grand Slam-Tennisturnieren und Events entdeckte Siegfried Dietrich im Zuge von Gesprächen mit Veranstaltern, Spitzensportlern und den Entscheidern großer Wirtschaftsunternehmen weitere Talente, mit denen er kurze Zeit später im Bereich der Event-Organisation sowie der Vermarktung von Veranstaltungen und Sportlern einen neuen Berufsweg einschlagen sollte. Ein konsequenter Schritt war 1989 die Gründung seiner Agentur SIDI-Sportmanagement, mit der er schließlich begann, auch in enger Kooperation mit Doppel-Olympiasiegerin Katarina Witt, Fernseh-Eiskunstlauf-Galas für das ZDF und andere TV-Anstalten zu organisieren und damit große Hallen zu füllen. Dieser Seitenwechsel ins Management war rückblickend betrachtet sicherlich ein Schlüsselmoment seiner Lebensgeschichte.

Als es schließlich galt, die nächste Stufe seines Berufslebens zu gestalten, spielte sein untrüglicher Instinkt eine Hauptrolle: Eigentlich war es „nur“ als nette Geste gedacht, als er 1992 die Bundesliga-Fußballerinnen der SG Praunheim zu einer Eiskunstlauf-Gala in die Frankfurter Eissporthalle einlud – ganz ohne geschäftliche Absichten. Die Gegeneinladung folgte prompt und ebenso unverbindlich, so dass Siegfried Dietrich Anfang 1993 ein Bundesliga-Heimspiel in Frankfurt-Praunheim besuchte. Außer ihm kamen 2.500 Zuschauer, um das damals schon attraktive Kräftemessen mit dem FC Bayern München zu erleben. Und wie es auch heute noch seine Art ist, beschränkte er sich in diesen 90 Minuten keineswegs nur auf das Geschehen auf dem grünen Rasen: Er war von der herzlichen, familiären Atmosphäre gleich begeistert, bemerkte allerdings, dass keinerlei Werbe-Engagement dieses Highlight vor sehr ordentlicher Kulisse unterstützte. Die typisch Dietrich’sche Schlussfolgerung: Hier ist Potenzial verborgen, das wachgeküsst werden muss! Wieder gab es eine Wendung in seiner Lebensgeschichte und Siegfried Dietrich nahm – zunächst als herausfordernden Test, später dann „in Vollzeit-Manier“ und mit Haut und Haaren – den Frauenfußball in sein Portfolio auf.



Als ehrenamtlicher Manager der SG Praunheim arbeitete er zunächst mit vielen Ideen an den Strukturen des Vereins und begann – behutsam und im Einklang mit der damals von Monika Staab verantworteten sportlichen Ausrichtung – mit der Professionalisierung und Lobbyarbeit, die später für viele Vereine zum Vorbild wurde. Der zuerst aus mittelständischen Unternehmen und später auch aus Global Playern ihrer Branche bestehende Sponsorenpool wuchs und wuchs, zudem wurde die Politik auf die SG Praunheim und ihren „Netzwerker“ auf dem Managerstuhl aufmerksam. So entdeckten die damalige Oberbürgermeisterin Petra Roth und die hessischen Spitzenpolitiker ihr Herz für den Frauenfußball und unterstützten im Rahmen des Möglichen. Mit den Jahren, in denen Stillstand ein Fremdwort war, wurde dann immer deutlicher, dass sich der Verein verändern müsse, um nicht an die Grenzen der eingeleiteten Entwicklung zu stoßen. Die markantesten Änderungen waren 1998 schließlich die Gründung des 1. FFC Frankfurt und der Umzug ins Stadion am Brentanobad. Wohlüberlegte Schritte, mit denen Siegfried Dietrich die nächste Stufe der FFC-Rakete und in seiner persönlichen Biographie zündete. Genau diese Neuorientierung hatte Dietrich auch verlangt: Mit Top-Spielerinnen, einem vermarktbaren Namen und einer angemessenen Spielstätte in die Zukunft zu gehen. Und genau das wurde mit einem von ihm als Investor erstellten Perspektiv- und Vermarktungskonzept – mit so wichtigen Partnern wie Lotto Hessen und später auch über einen langen Zeitraum mit der Commerzbank an der Spitze – umgesetzt und mit dem neuen Logo des 1. FFC Frankfurt auch visuell unterstrichen.



Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Mit der vom FSV Frankfurt verpflichteten Birgit Prinz wurde 1999 das Double aus Deutscher Meisterschaft und DFB-Pokal gewonnen, drei Jahre später folgte bei der ersten Austragung des UEFA Women’s Cup gleich auch der erste große europäische Triumph: Über 12.000 Zuschauer sahen den Final-Erfolg 2002 gegen ein schwedisches Spitzenteam im Waldstadion. Der FFC war oben angekommen und es verging kaum ein Jahr, in dem der 1. FFC Frankfurt seine Titelsammlung nicht noch erweiterte. Besondere Highlights waren 2006 der Gewinn des zweiten europäischen Titels am Bornheimer Hang und das 2008 fast komplett von SIDI-Sportmanagement organisierte UEFA Women’s Cup Final-Rückspiel in der Frankfurter Commerzbank-Arena, in dem sich der 1. FFC Frankfurt vor der damaligen Rekordkulisse von 27.640 Zuschauern zum dritten Mal die europäische Krone aufsetzte. Und gerade zwei Jahre ist es her, dass der erfolgreichste deutsche Frauenfußball-Verein vor den Augen von Bundeskanzlerin Angela Merkel den begehrten Champions-League-Pokal gegen den Scheich-Club Paris Saint-Germain in den Berliner Abendhimmel strecken durfte. Neben vier europäischen Titeln stehen sieben deutsche Meisterschaften und neun DFB-Pokalsiege – davon fünf in Folge – für die Erfolgsgeschichte des 1. FFC Frankfurt und seines Managers. Alles natürlich besonders emotionale Erlebnisse für den FFC-Macher, der aber immer wieder herausstellte, dass die schönsten und wichtigsten Momente für ihn immer dann waren, wenn man wieder spüren konnte, dass der Frauenfußball insgesamt nach Erfolgen oder gesteuerten Entwicklungen einen Schritt nach vorne gemacht hat.



Die Visionen von Siegfried Dietrich waren Realität geworden, doch das war kein Grund für ihn, sich darauf auszuruhen und einen Gang zurückzuschalten. Ganz im Gegenteil, schließlich warteten die nächsten Herausforderungen nach der Komplett-Sanierung des Stadions am Brentanobad durch die Unterstützung der Stadt Frankfurt und des Landes Hessen außerhalb des FFC-Tellerrands: Von Beginn seiner Tätigkeit im Frauenfußball an und bis heute engagiert sich Siegfried Dietrich als einer der Liga-Sprecher in den DFB-Gremien (Mitglied im DFB-Ausschuss für Frauen- und Mädchenfußball und in der DFB-Kommission der Frauenfußball-Bundesligen) und forciert dort mit den Verantwortlichen des DFB‘s und den Vereinskollegen mit großer Zielstrebigkeit die Entwicklung des Gesamtprodukts Frauenfußball. Die wachsende TV-Präsenz der Liga, die Motivation von Männervereinen, sich im Frauenfußball zu engagieren, die Zukunft der reinen Frauenfußball-Vereine und das erstmals vergebene „Naming Right der Liga“? Ohne Siggi, wie er von den meisten Mitstreitern genannt wird, undenkbar. Damit ist er auch nach der Veränderung der Kräfteverhältnisse mit der wachsenden Power von Bayern München und dem VfL Wolfsburg ein wichtiger Motor der Allianz Frauen-Bundesliga, der dazu beiträgt, die stärkste Frauenfußall-Liga der Welt auf wachsendem Niveau weiter zu etablieren und auch mit dem Blick in die Zukunft in der Welt des Sports zu platzieren.



An erster Stelle stand in all den Jahren aber immer der 1. FFC Frankfurt, wobei sich die hervorragende Arbeit, die in der Mainmetropole geleistet wurde, auch auf die Nationalmannschaft auswirkte: 2003 und 2007 sicherten sich die DFB-Frauen den WM-Titel und unzählige Male die EM-Trophäe. Und welches Trikot trugen die prominentesten Gesichter jener Ära im Verein? Natürlich das des 1. FFC Frankfurt, erinnert Siegfried Dietrich an eine goldene Generation – und zählt auf: „Mit Doris Fitschen, Steffi Jones, Nia Künzer, der dreifachen Weltfußballerin Birgit Prinz, Sandra Smisek, Kerstin Garefrekes, Saskia Bartusiak und anderen Spielerinnen haben schon damals Persönlichkeiten des 1. FFC Frankfurt auf dem Rasen, aber auch in starken Rollen daneben, die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland maßgeblich mitgestaltet. Nicht zuletzt ist dies auch ein Faktor, der entscheidend dazu beigetragen hat, die WM 2011 nach Deutschland zu holen und den Frauenfußball gesellschaftlich zu etablieren.“

Und da wären wir auch schon beim nächsten Kapitel in der Lebensgeschichte des Siegfried Dietrich. Nicht nur, dass die WM 2011 ohne die langjährigen FFC-Erfolge – bis dahin standen schon drei UEFA-Cup-Titel zu Buche – womöglich einen Bogen um Deutschland gemacht hätte. Im Vorfeld des Weltturniers drehte er auch am wichtigen Rad der Vermarktung mit und sorgte mit seinen Kontakten dafür, dass sich bedeutende Unternehmen rund um die WM engagierten und mit bundesweiten Kampagnen unter Einbindung der bekanntesten Gesichter des Frauenfußballs die Vorfreude auf das Ereignis werblich und medial kommunizierten.



Bei „seinem“ 1. FFC Frankfurt zieren mittlerweile 20 Titel den Briefkopf, zuletzt setzte man sich 2015 zum vierten Mal die Krone in der europäischen Königsklasse auf. „Aus einer einzigen Bande sind über die Jahre vier Champions-League-Siege geworden“, blickt Siegfried Dietrich zufrieden, aber auch bodenständig orientiert auf sein sportliches Lebenswerk zurück. Dabei merkt man ihm die hohe Beanspruchung nur selten an und fast scheint es so, als hielte ihn die unverändert hohe Taktzahl seines Manager-Alltags jung. Und er bestätigt schmunzelnd: „Nach 25 Jahren im Frauenfußball fühle ich mich mit fast 60 an manchen Tagen wie 35. Das liegt aber auch daran, dass die Erfolgsgeschichte des 1. FFC Frankfurt ein Werk von vielen Menschen ist, die sich in nun fast zwei Jahrzehnten tagein, tagaus für ein großes Projekt gemeinsam engagiert haben. Ob Vorstand, Management, Sponsoren, hauptamtliche Mitarbeiter und nicht zu vergessen die vielen Ehrenamtlichen: Alle zusammen haben wir gemeinsam mit unseren tollen Fans durch Höhen und Tiefen an einem Strang gezogen“, ergänzt der Manager und schaut dabei auch weiterhin positiv nach vorne: Beim 1. FFC Frankfurt geht die Neuorientierung nach einem durchaus erfolgreichen ersten Umbruchjahr – in dem die Talentförderung auf höchstem Niveau eine bedeutende Rolle spielt – in die zweite Halbzeit. Und auch der deutsche Vereinsfrauenfußball steht in einer Zeit, da der Wettbewerb – nicht zuletzt durch die langjährige Vorreiterarbeit aus Deutschland – auch international an Fahrt aufnimmt und den Frauenfußball immer interessanter macht, vor den nächsten Hürden, die übersprungen werden wollen.

Eines steht fest: Siegfried Dietrich wird auch mit 60 Jahren die anstehenden Herausforderungen gemeinsam mit dem Vorstand des 1. FFC Frankfurt und seinem Team von SIDI-Sportmanagement mit großem Tatendrang annehmen. Unterstützt wird er dabei auch weiterhin von vielen Freunden und Partnern aus Wirtschaft und Politik, mit deren Mitarbeit und Engagement der bisherige Weg realisiert werden konnte. „Nur zu gerne würden wir auch im Fahrwasser unserer neuen Orientierung so bald wie möglich auch wieder weiter oben anklopfen“, zeigt sich Siggi Dietrich nach wie vor motiviert und angriffslustig. Das Zweitdomizil im südafrikanischen Kapstadt wird den Hobby-Golfer und Tennisspieler also auch künftig bestenfalls zwei Mal im Jahr – in der spielfreien Zeit – zu Gesicht bekommen! Für die tägliche Entspannung in der Sieben-Tage-Woche muss der Taunus beim Wandern und Radfahren herhalten!

(Bilder: Jan Hübner / www.picture-alliance.com / Frank Heß / A2Bildagentur)

 

07.06.2017
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