Zukunft mit riesigen Potenzialen

FFC-Manager Siegfried Dietrich im DFB-Interview über den neu gegründeten Ausschuss Frauen-Bundesligen

Mit der vom DFB-Bundestag einstimmig beschlossenen Einführung des Ligaausschusses Frauen-Bundesligen wird die Entwicklung der Spielklassen auf eine neue Stufe gestellt. Vorsitzender des 13-köpfigen Gremiums ist Siegfried "Siggi" Dietrich gewählt. Der langjährige Manager des 1. FFC Frankfurt spricht im DFB.de-Interview mit Redakteurin Annette Seitz über Ziele, Chancen, Baustellen - und die Zukunft des Frauenfußballs in Lizenzvereinen.

DFB.de: Der DFB-Bundestag hat die Gründung eines Ligaasschusses Frauen-Bundesligen verabschiedet, Sie sind der Vorsitzende. Allenthalben wurde das als weiterer wichtiger Entwicklungsschritt des Frauenfußballs gesehen. Warum?

Siggi Dietrich: Mit Blick auf die nationale Entwicklung unserer Frauen-Bundesligen und der Konkurrenzfähigkeit im internationalen Vergleich war es einfach an der Zeit, dass sich die Protagonisten der Ligen ins Rollenspiel der Verantwortlichkeiten einbringen und im Sinne der gemeinsamen Ligeninteressen und der anstehenden Herausforderungen, aber auch für die Gesamtentwicklung des Frauenfußballs in Deutschland enger zusammenarbeiten und sich an wichtigen Schnittstellen des Verbandes positionieren.

DFD.de: Es gab zuvor die Kommission Frauen-Bundesligen, kurz KFBL - was kann der Ausschuss nun mehr bewirken?

Dietrich: Auf dem bisherigen Weg hat die KFBL bei vielen Meilensteinen der Ligaentwicklung maßgeblich mitgewirkt und war beratend tätig. Letztendlich sorgt aber die Präsenz eines eigenen Ligaausschusses für eine andere interne und externe Wahrnehmung der Frauen-Bundesligen, der Vereine und der für sie engagierten Personen. Ganz entscheidend dabei ist die Möglichkeit, über das eigene Antragsrecht Entscheidungen schneller herbeizuführen, die noch konkretere Mitarbeit bei der systematischen Weiterentwicklung der Ligen und natürlich auch sportpolitisch tätig zu werden, um den Stellenwert der Bundesligen in allen Bereichen mehr und mehr zu etablieren.

DFB.de: Welche Ziele verfolgen Sie als Ausschussvorsitzender?

Dietrich: Als Liga können wir uns nur so gut entwickeln, wie auch die große DFB-Familie mit ihrer Haltung zum Frauenfußball ein starkes Fundament liefert. Es gilt, Lobby- und Überzeugungsarbeit auf allen Ebenen zu leisten und gemeinsam mit allen DFB-Verantwortlichen den Frauen- und Mädchenfußball auf ständig wachsendem Niveau dauerhaft in der Breite, aber auch in der Weltspitze zu etablieren. Dabei wird die Qualität unserer Frauen-Bundesligen, im Besonderen aber auch eine gute und enge Zusammenarbeit der FLYERALARM Frauen-Bundesliga mit der Frauen-Nationalmannschaft eine wichtige Rolle spielen. Für mich persönlich gilt es, zusammen mit den Vereinen alle erdenklichen Kräfte zu bündeln, um die aus meiner Sicht nach wie vor stärkste Frauenfußball-Liga Europas mit neuer Strahlkraft und Wettbewerbsfähigkeit sportlich und medial, aber auch gesellschaftlich zu positionieren und das vorhandene Potenzial - zum Beispiel auch im Fan- und Zuschauerbereich - voll auszuschöpfen.

DFB.de: Wo sehen Sie die wichtigsten "Baustellen"? Welche gehen Sie als erstes an?

Dietrich: Wichtig ist, dass alle Vereine trotz der natürlichen Wettbewerbssituation in Zukunft noch intensiver an einem Strang ziehen und den vor allem durch die Lizenzvereine angeschobenen Professionalisierungsprozess gemeinsam vorantreiben. "Baustellen" wie die Zuschauergewinnung, die mediale Präsenz, die Entwicklung neuer Gesichter und die damit verbundene Marketingausrichtung werden wir nur im Verbund - gemeinsam mit dem DFB - verändern. Gelingt uns der Schulterschluss, ist mir um die Zukunft unserer Liga nicht bange - auch im Wettbewerb mit Europa.

DFB.de: Wie wichtig ist eine intensivere Zusammenarbeit zwischen der Frauen-Bundesliga und der 2. Frauen-Bundesliga?

Dietrich: Mit der Gründung der eingleisigen 2. Frauen-Bundesliga gab es zur Saison 2018/2019 bereits einen ersten großen Schritt für ein höheres Niveau. Nun müssen aber alle Verantwortlichen beider Ligen und des DFB gemeinsam daran arbeiten, um noch professionellere Voraussetzungen in allen Bereichen zu realisieren. Es gilt, mit konsequenten Maßnahmen die Qualität der zweiten Liga anzuheben und letztlich auch für künftige Auf- und Absteiger anzunähern. Dafür ist es außerordentlich wichtig, auch in die Entwicklung der 2. Bundesliga zu investieren und im Einklang mit den Vereinen bessere wirtschaftliche Voraussetzungen zu schaffen.

DFB.de: In der öffentlichen Wahrnehmung war zuletzt viel die Rede davon, dass Deutschland von den anderen Nationen - England, Frankreich, Spanien, Niederlande - überholt worden sei. Teilen Sie diese Einschätzung?

Dietrich: Es ist unbestritten, dass in verschiedenen europäischen Verbänden und Ligen viel investiert und für den Frauenfußball getan wird. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir beim DFB und in der Bundesliga gerade in der qualitativen Breite - als langjähriger Vorreiter - weiterhin gute Voraussetzungen haben und diese entwickeln, um uns auf den wachsenden internationalen Wettbewerb einzustellen. Was kann uns Besseres passieren, als dass andere Länder und Ligen aus Überzeugung und natürlich auch nach Erfolgen in den Frauenfußball investieren? Ich sehe diesen Trend als Bestätigung für unser eigenes Engagement in die Zukunft des Frauenfußballs - einer Zukunft mit riesigen Potenzialen.

DFB.de: Der neue DFB-Präsident Fritz Keller hat ausdrücklich auch Frauenfußball auf seiner Agenda. Kann das einen neuen Schub auslösen?

Dietrich: Eine Entwicklung ist oft so stark und so gut wie das Engagement der handelnden Personen. Ob auf dem Rasen, in den Vereinen oder an der Spitze des Verbandes. Ich bin sicher, dass Fritz Keller für den deutschen Frauenfußball ein Glücksfall sein wird. Er hat beim SC Freiburg nicht nur nachhaltig Frauenfußball-Luft geatmet, sondern sieht neben dem sportlichen Mehrwert für die gesamte Fußballfamilie auch die gesellschaftliche Rolle unserer fußballspielenden Mädchen und Frauen. Ich freue mich, dass wir mit ihm einen überzeugten Fürsprecher haben, und bin sicher, dass wir mit seiner Unterstützung so manches Etappenziel früher erreichen werden.

DFB.de: Der DFB-Präsident hat auch davon gesprochen, die Lizenzvereine mehr in die Pflicht zu nehmen. Wie stehen Sie dazu?

Dietrich: Ganz einfach: Für mich erfüllt ein großer Fußballverein erst dann zu 100 Prozent seine Verantwortung in der gesellschaftlichen Ausrichtung, wenn er neben dem etablierten Männerfußball auch Frauen- und Nachwuchsfußball für Jungen und Mädchen anbietet. Allein aus dieser Überlegung heraus müssen wir langfristig sicherlich keinen Lizenzverein dazu "zwingen", Frauenfußball ins Portfolio aufzunehmen. Im Gegenteil: Ich bin davon überzeugt, dass durch die auf der Hand liegenden Mehrwerte ein Sog aus logischer Überzeugung entstehen kann, Männer- und Frauenfußball unter einem Dach präsentieren zu wollen. Eine Motivation für den ersten Schritt kann aber auch die Schaffung von Anreizen sein. So könnten im Zuge der Lizenzierung wie auch im Nachwuchsbereich Summen aus der TV-Vermarktung für ein gezieltes Engagement im Frauenfußball ausgelobt werden. Und wenn man dann noch die zusätzlichen Vermarktungsmöglichkeiten auch mit Blick auf den Internationalisierungsprozess gerade der großen Vereine sieht, kann leidenschaftliches Engagement in den Frauenfußball zu einer echten Win-win-Situation werden.

DFB.de: Momentan ist die Liga vielfältig mit Frauenvereinen, Mehrspartenvereinen und Lizenzklubs. Ist dieses Modell auch mittel- und langfristig zukunftsfähig?

Dietrich: Die Momentaufnahmen zum Status und zur Zusammensetzung der Frauen-Bundesliga waren in den mittlerweile drei Ligajahrzehnten jeweils sehr unterschiedlich. Verschiedene Vereine oder Frauenabteilungen, die am Anfang richtungsweisend waren und als Vorreiter Geschichte geschrieben haben, konnten, durften oder wollten den Weg der ständig gewachsenen Herausforderungen nicht immer mitgehen. Für die Zukunft ist immer auch Herkunft wichtig, aber entscheidend für die Gesamtentwicklung der höchsten deutschen Spielklasse ist der nationale Wettbewerb, und der regelt entsprechend der individuellen Bedingungen, der vorhandenen Strukturen und der wirtschaftlich konkurrenzfähigen Ausrichtung die zukünftige Ligazugehörigkeit. Kurz gesagt: Jeder Verein muss entsprechend seiner realistischen Möglichkeiten ein Geschäftsmodell finden und etablieren, mit dem er seine sportlichen und gesellschaftlichen Ziele verfolgen kann.

Die Mitglieder*innen des Ausschusses für Frauen-Bundesligen: Siegfried Dietrich (Frankfurt am Main, Vorsitzender des Ausschusses), Monika Beckmann (Köln, Vertreterin Vereine), Ralf Zwanziger (Hoffenheim, Vertreter Vereine), Guido Lutz (Essen, Vertreter Vereine), Birte Brüggemann (Bremen, Vertreterin Vereine), Maria Reisinger (Meppen, Vertreterin Vereine), Tanja Schulte (Cloppenburg, Vertreterin Vereine), Silke Raml (Spielleiterin Frauen-Bundesliga), Sabine Mammitzsch (Spielleiterin 2. Frauen-Bundesliga), Birgit Bauer (Vertreterin DFL Deutsche Fußball Liga), Karin Danner (Vertreterin DFL Deutsche Fußball Liga), Pia Hess (Vertreterin DFB-Zentralverwaltung)

(Quelle und Foto: dfb.de)

17.10.2019
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