Ein Spanier macht den FFC fit

Sport- und Ernährungsberater Alvaro Molinos sorgt für die körperlichen Grundlagen der FFC-Spielerinnen

Seit fast drei Jahren gehört Alvaro Molinos als Athletiktrainer zum Trainerteam des 1. FFC Frankfurt – und auch nach dieser Zeit hält sich der Spanier, der auch auf die Abkürzung „Alvo“ hört, am liebsten weit entfernt von Kameras und Interviewzonen auf. Die eher zurückhaltende, aber keineswegs schüchterne Art des 30-Jährigen kommt auch in der Mannschaft des Champions-League-Siegers gut an. Nicht sich selbst stellt Alvaro Molinos in den Vordergrund, sondern sein Aufgabengebiet: die Fitness und das Ernährungsverhalten der Spielerinnen. Hier liegen noch Potenziale, die in Zeiten eines größer werdenden Konkurrenzkampfs den Unterschied ausmachen können, glaubt der ehemalige Radsportler: „Gerade in den nächsten intensiven Wochen mit Spielen im Drei-Tage-Rhythmus kommt dem Fitnesszustand eine wichtige Bedeutung zu. In den entscheidenden Partien einer Saison kann es entscheidend sein, ob ich in der Schlussphase platt bin oder noch zusetzen kann.“ Letzteres konnte der FFC unlängst in Potsdam von sich behaupten – der Siegtreffer fiel bekanntlich in der Schlussminute.

Das Verständnis für die wachsende Relevanz des Themas Fitness und Athletik war zu Beginn seines FFC-Engagements noch nicht sonderlich ausgeprägt, erinnert sich Alvaro Molinos: „Damals musste ich immer wieder erklären, warum wir dieses oder jenes machen. Mit vielen Methoden, die ich eingeführt habe, hatten die Spielerinnen zuvor einfach keine Berührungspunkte.“ Wichtiger Rückenwind kam vom damaligen Cheftrainer: „Colin Bell hat mich hervorragend unterstützt, das war sehr wichtig.“ Der Engländer war letztlich auch dafür verantwortlich, dass er überhaupt beim FFC gelandet ist. Kennengelernt haben sich beide bei der TuS Koblenz, wo Colin Bell vor seinem Engagement in der Mainmetropole für die U23 zuständig war. Für Alvaro Molinos war Koblenz nicht nur der Einstieg in die Vereinsarbeit, sondern auch die erste Station in seiner neuen Heimat Deutschland.

Im Rahmen eines Erasmus-Stipendiums hatte es den Spanier, der zusammen mit seinem älteren Bruder in Saragossa aufgewachsen ist, an den Mittelrhein verschlagen. Dort absolvierte er ein Praktikum als Fitnesstrainer bei der TuS Koblenz, ehe er in den folgenden Jahren für weitere Vereine, wie den FV Löchgau (2. Frauen-Bundesliga), den SSV Ulm (Oberliga Baden-Württemberg) oder den SC Hauenstein (Oberliga Südwest) tätig war. Die Vita des selbständigen Sport- und Ernährungsberaters beinhaltet neben Bachelor-Abschlüssen (Lehramt Sport, Sportwissenschaften) auch zwei Master-Titel (Sportwissenschaften, Ernährungswissenschaften). Besonders stolz ist Alvaro Molinos auf seinen Master in Sportwissenschaften, der ihm vom Spanischen Olympischen Komitee verliehen wurde. Sportlich betätigte er sich während seine Studienzeit zu Lande (Basketball, Fußball, Volleyball) und zu Wasser (Rudern).

Seine bis heute größte sportliche Liebe hat allerdings zwei Räder: Als Mountainbiker gewann Alvaro Molinos einige Meisterschaften in seiner Region und landesweit zählte er zu den Top 15. Doch eines Tages stellte er sich die Frage: Reicht es zum Profi oder höre ich auf? Die Antwort ist bekannt, bereut hat er sie nicht. Infiziert mit dem Rad-Virus wurde er übrigens von seinem Bruder Jose Carlos. Überhaupt haben die Geschwister einiges gemeinsam, schließlich ist auch Jose Carlos als Reha- und Fitnesscoach tätig – früher u.a. beim Erstliga-Klub CF Getafe, heute bei der U17 von Katar.

Die Erfahrungen als Individualsportler im Rennsattel sind für Alvaro Molinos nicht nur schöne Erinnerungen, sie haben auch seine Arbeit als Athletiktrainer beeinflusst. „Individualität statt Gleichmacherei“ lautet die Formel: „Es ist eine Herausforderung, 20 Spielerinnen zu betreuen und besser zu machen, da jede Spielerin anders ist.“ Doch wie genau schafft man es in einem Mannschaftssport, diesen theoretisch nachvollziehbaren Ansatz auch in die Tat umzusetzen? Beim 1. FFC Frankfurt arbeitet Alvaro Molinos mit verschiedenen Methoden, die Rückschlüsse auf den Leistungsstand und die daraus resultierenden Bedürfnisse jeder einzelnen Spielerin zulassen. Zu Beginn einer Saison, ebenso zu Beginn der Wintervorbereitung, wird ein sogenannter „YoYo-Test“ durchgeführt, mit dem die spezifische Leistungsfähigkeit festgehalten wird. „Dieser Test ist dann die Grundlage für einen individuellen Plan, den jeder Spielerin von mir bekommt“, erklärt Alvaro Molinos. „Die eine braucht mehr Gewicht, die andere weniger. Die eine braucht mehr Wiederholungen pro Übung, die andere weniger.“ Die Ergebnisse fließen auch in die Einteilung der Athletikgruppen ein: Ein Mal wöchentlich, während einer Vorbereitungsphase auch häufiger, bittet der Athletiktrainer zum Spezialtraining, das in der Regel beim offiziellen FFC-Fitnesspartner Titus Therme stattfindet.



Aber auch auf dem Trainingsplatz, wenn der Ball rollt, werden fleißig Daten gesammelt. Mit Hilfe von GPS-Geräten, die die Spielerinnen während der Spielformen tragen, können die Laufwege genau analysiert werden. Dabei geht es längst nicht um die bloße Kilometerzahl. „Die zurückgelegte Strecke für sich betrachtet sagt zunächst nichts über die Qualität aus“, so Alvaro Molinos. „Nicht jeder Laufweg ist sinnvoll und effektiv.“ Auch die verschiedenen Positionen müssten berücksichtigt werden. Die Aussagen über die Intensität fließen dann in die Planung des Regenerationstrainings nach einem Spiel ein. Die gesammelten Daten bespricht Alvaro Molinos schließlich innerhalb des Trainerteams, ehe sie – zusammen mit weiteren Leistungsbewertungen – die Grundlage von ausführlichen Analysen darstellen. Gegen Ende des Winter-Trainingslagers in der Türkei führte Cheftrainer Matt Ross mit jeder Spielerin eine individuelle Analyse anhand des mit technischer Unterstützung gesammelten Datenmaterials durch.

Auch das zweite Themengebiet, das auf der Visitenkarte von Alvaro Molinos steht, kommt beim 1. FFC Frankfurt nicht zu kurz: die Ernährungsberatung. Mit jeder neuen Spielerin gibt’s – meist im Rahmen des Sommer-Trainingslagers – ein ausführliches Einzelgespräch über das Ernährungsverhalten. Aber auch hier geht’s nicht ohne harte Fakten, wenngleich diese hier und da gefürchtet sind: Bei den regelmäßigen Körperfettmessungen wird der Anteil des angelagerten Fettes im Verhältnis zur Gesamtmasse des Körpers ermittelt. „Momentan sind die Werte bei den FFC-Spielerinnen so gut wie nie“, freut sich Alvaro Molinos über eine positive Entwicklung, die mit seinem Einstieg beim siebenfachen Deutschen Meister begonnen hat.

Seinen Lebensmittelpunkt hat der Athletiktrainer des 1. FFC Frankfurt nicht in der Mainmetropole, sondern in St. Leon-Rot südlich von Heidelberg gefunden – zusammen mit seiner Freundin Leonie Pankratz, die bei der TSG 1899 Hoffenheim spielt. Zwei bis drei Mal pro Woche legt er gut 200 Kilometer zurück, um die FFC-Spielerinnen zu betreuen. Und natürlich ist er auch bei den Auswärtsfahrten dabei. Wobei: So natürlich ist das nun auch wieder nicht. Überschneidungen mit anderen Klubs, die er betreut, sind glücklicherweise selten. Momentan sind da vor allem die Frauen des Mannheimer Hockey-Clubs zu nennen, die ebenfalls von Alvaro Molinos fitgehalten werden. Mitte Februar war der Athletiktrainer dabei, als das Team in Lübeck Deutscher Hallenmeister wurde.

Auch an die zurückliegenden Highlights mit dem 1. FFC Frankfurt erinnert er sich gerne zurück: „Das gewonnene DFB-Pokalfinale 2014 war schon ein tolles Erlebnis. Aber das Champions-League-Endspiel ein Jahr später war nochmal eine Steigerung – da hatte ich Tränen in den Augen“, schwärmt der Spanier von dem 2:1-Sieg gegen Paris Saint-Germain in Berlin. „Das sind die Momente, die man nur im Sport erlebt. Natürlich könnte ich auch statt Mannschaften mehr andere Kunden betreuen, dann hätte ich sogar mehr Freizeit. Aber dieses Gefühl, etwas zusammen als Team erreicht zu haben, ist schon etwas ganz Besonderes.“ Dass ihm eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit wichtig ist, spricht Alvaro Molinos offen an. Die Situation in seiner Heimat, die vor allem seine Eltern miterlebt haben, hat ihn nachdenklich gemacht: „Wir hatten in Spanien eine Wirtschaftskrise, das war eine schwere Zeit.“ Und so muten seine persönlichen Zukunftsziele eher bescheiden an: „Sicherheit steht ganz oben.“ Und eine verrückte Idee hat er noch auf dem Zettel: „Eines Tages möchte ich in zehn Tagen mit dem Fahrrad von Deutschland nach Spanien fahren.“

(Bilder: Carlotta Erler / 1. FFC Frankfurt)

11.03.2016
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